Nickel löst bei Kontakt mit der Haut häufig entzündliche Reaktionen aus. Nicht so im Mund: Dort zeigt sich die Schleimhaut gegenüber dem Metall erstaunlich tolerant. Das berichten Zahnmediziner des Universitätsklinikums Bonn um Prof. Dr. Andreas Jäger im „Journal of Allergy and Clinical Immunology“. Und mehr noch: Eine kieferorthopädische Behandlung – etwa mit einer festen Zahnspange aus der Nickelionen freigesetzt werden können – scheint der Entstehung einer Nickelallergie sogar vorzubeugen. Dieser „protektive Effekt“ sei vor allem bei Menschen zu beobachten gewesen, die sich erstmals ein Piercing setzen ließen, nachdem sie sich einer kieferorthopädischen Behandlung unterzogen hatten, berichten Oberärztin Dr. Lina Gölz und Kollegen. „Schon die geringen Nickelmengen, die von den Spangen konstant in den Mundraum abgegeben werden, scheinen das Immunsystem zu desensibilisieren“, erklärt Dr. Gölz. „Eine Zahnspange wirkt somit gewissermaßen wie eine sublinguale Immuntherapie“ (SLIT). Für diese Form der Allergiebehandlung erhoffen sich die Forscher nun, zukünftig die Prozesse besser verstehen zu können, durch die SLIT das Immunsystem toleranter gegenüber den Allergieauslösern macht.
Die Bonner Forscher konnten zeigen, dass sich die Zellen der Schleimhaut, die sog. Fibroblasten, ganz anders verhalten als die der äußeren Haut. So produzieren Hautzellen bei Kontakt mit Nickel Interleukin-1β, ein starkes Entzündungssignal – 20fach mehr, als es die Mundschleimhautzellen unter identischen Bedingungen tun. Gleichzeitig wird durch Botenstoffe der Haut die körpereigene Immunabwehr aktiviert. In der Mundschleimhaut werden dagegen andere Botenstoffe freigesetzt. Sie hemmen entzündliche Prozesse und die massive Einwanderung von Immunzellen. Ein Hintergrund: Die Mundschleimhaut selbst schafft ein Mikromilieu, das die wichtigen sog. dendritischen Zellen der Immunabwehr toleranter macht. Gölz und Kollegen hoffen nun, dass sich auf dieser Basis neue molekulare Mechanismen identifizieren lassen, die sich ganz allgemein zur Bekämpfung von Allergien nutzen lassen.
Bei der Sublingualen Immuntherapie SLIT tropft sich der Patient das Allergen unter die Zunge, um sein Immunsystem nach und nach toleranter zu machen. Studien bescheinigen dieser Methode gute Erfolge.
Quelle:
Redaktion hautstadt; “Differences in human gingival and dermal fibroblasts may contribute to oral-induced tolerance against nickel”, Lina Gölz, Elisa Vestewig, Moritz Blankart, Dominik Kraus, Thorsten Appel, Stilla Frede, Andreas Jäger, Journal of Allergy and Clinical Immunology 2016, DOI: 10.1016/j.jaci.2016.03.036